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  1. 2021

Nachgedacht über…: „Was macht Corona mit unserer Psyche?“

von Julie Poulain

Schon seit über einem Jahr sind wir gefangen in Lockdowns, Ausgangssperren und eingeschränkten Rechten, um die Pandemie richtigerweise einzudämmen. Auch wenn jetzt nach und nach mehr Lockerungen beschlossen werden, so sind die Langzeitfolgen der Maßnahmen für viele Menschen heute noch gar nicht absehbar – und vor allem Jugendliche sind betroffen.
Der Mangel an Kontakten und die zahlreichen Regeln gehen stark auf die Psyche und nicht wenige Menschen erkranken an Krankheiten, die oft nicht einmal als solche anerkannt werden. Depressionen, Suizidgedanken, Magersucht. All das wird oft nur achselzuckend als Phase abgetan. Bricht man sich ein Bein, wird man von allen Seiten „betüdelt“ und kriegt „Gute-Besserungs-Karten“, leidet man an einer Depression, wird einem gesagt, man solle sich nicht so anstellen. Doch Fakt ist, dass dies ernstzunehmende Krankheiten sind und Betroffene mindestens dieselbe Aufmerksamkeit verdienen wie Leute mit einem Beinbruch.
Seit Anfang der Corona-Pandemie habe ich von vielen Freundinnen gehört, wie schlecht es ihnen damit geht. Zwei haben sich angefangen sich zu ritzen, eine findet keinen Sinn mehr am Leben und noch eine will nicht mehr zur Schule gehen, weil sie Angst vor großen Menschenmassen bekommen hat. Ob das alles an den Maßnahmen liegt oder daran, dass wir gerade in ein Alter kommen, in dem man für so etwas anfälliger wird, weiß ich nicht mit Sicherheit, doch die Coronazeit trägt zumindest maßgeblich dazu bei.
Laut wissenschaftlichen Studien haben im 1. Lockdown beispielsweise 54% aller weiblichen Jugendlichen leichte bis schwere depressive Symptome gezeigt und 38% der männlichen. Auch der Prozentsatz von Angstzuständen ist gewachsen. So sind es 47% der Frauen und 33% der Männer, die damit klarkommen mussten. Dies ist ein gewaltiger Anstieg verglichen mit vor der Pandemie.
Es handelt sich um ein großes Problem, für das wir alle gemeinsam eine Lösung finden können. Deswegen habe ich ein paar einfache Tipps zusammengestellt.
Wichtig ist, dass ihr euch trotz der Kontakteinschränkung Zeit für eure Freunde nehmt und ein Auge auf sie werft. Gibt es da nicht eine, die früher total „draufgängerisch“ war und jetzt schüchtern auf ihrem Platz sitzen bleibt oder einen, der sich öfter krankmelden lässt als dass es glaubwürdig erscheint? Erkundigt euch bei diesen Personen, wie es ihnen geht. Viele sagen zwar nicht direkt, dass es ihnen nicht gutgeht, doch oft erkennt man es selbst am besten. Wenn sie mit euch reden, hört ihnen zu. Zeigt ihnen, dass sie wichtig sind, zeigt ihnen, dass sie es wert sind, dass man sich Zeit für sie nimmt.
Wenn ihr selbst betroffen seid, dann holt euch Hilfe. Sprecht mit euren Freunden oder Eltern. Auch Lehrern könnt ihr euch anvertrauen und Herr Washof, Frau Heimann und natürlich unsere Sozialarbeiterin Frau Jensen sind jederzeit für euch da. Wenn ihr euch noch nicht dafür bereit fühlt, mit jemandem zu sprechen, dann hilft es, seine eigenen Gedanken aufzuschreiben oder zumindest mit einem Haustier darüber zu sprechen. Führt Tagebuch oder lasst eure Gefühle in ein Bild fließen. Auch hilft es, sich etwas vorzunehmen. Besonders das gute Wetter zurzeit ermöglicht uns vieles. Ein Strandausflug, eine Fahrt mit einem Stand-Up-Paddling-Board auf dem Burggraben oder ein Abstecher ins Freibad. Die Möglichkeiten sind grenzenlos. Natürlich ist es so, dass, wenn man gerade eine Depression durchmacht, nicht sonderlich viel übrig hat für solche Dinge. Doch einen Versuch ist es allemal wert.
Als letzten Tipp lege ich euch nahe, rechtzeitig ins Bett zu gehen. Genug Schlaf ist nicht nur wichtig für die Gesundheit, sondern meistens auch ein Glücksfaktor. Zudem gibt es einem die Möglichkeit alles aus einem anderen Winkel zu betrachten.
Hoffen wir alle, dass diese schweren Zeiten bald vorüber sind. Und bis dahin, es gibt immer Hilfe, auch, wenn wir sie manchmal nicht direkt sehen.

Die im Text genannten und weitere Zahlen findet ihr auf folgender Website: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/123573/Studien-Stress-und-psychische-Probleme-haben-in-der-Pandemie-zugenommen

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