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  1. 2021

Die Athereporter werden persönlich: „Eine Runde heulen oder ein dickes Eis“

von Marius Dinglinger

Wann hat man schon einmal die Möglichkeit, im stressigen Schulalltag ein ausgeruhtes, ausführliches und persönliches Interview zu führen? Selten. In regelmäßigen Abständen wollen wir aber genau das tun. Den Anfang macht unsere Oberstufenkoordinatorin Gaby Trusheim.

Wer denkt, dass nur das Studium zum Lehrberuf führen würde, liegt mit dieser Annahme kräftig daneben. Das beste Beispiel für einen erfolgreichen Quereinstieg liefert hierbei Gaby Trusheim: 1986 mit dem Abitur in der Tasche noch das Athenaeum für ein Mathematikstudium gen Wirtschaft verlassen, führte sie ein abwechslungsreicher Weg über verschiedene Stationen 2006 schließlich zurück ans Athe, diesmal aber in lehrender Position. Dazu nimmt sie an unserer Schule in der Form der Oberstufenkoordinatorin neben Herrn Riekmann eine unter der Schülerschaft eher unbekanntere, nichtsdestotrotz elementare Rolle wahr. Was dabei konkret ihr Aufgabenbereich ist, wie sie zu ihrem jetzigen Beruf überhaupt gekommen ist und was sie im Leben für wichtig hält: All das erfahrt ihr jetzt…

Was haben Ihre Lehrer früher über Sie gesagt?
Oh, das ist ja schon eine schräge Frage zu Beginn… ich bin sehr gern zur Schule gegangen, musste nicht viel tun, war oft Klassensprecherin und hab mich ums Klassenbuch gekümmert. Insofern war ich wahrscheinlich pflegeleicht für die Lehrer. Erstaunlich war, dass mich ehemalige Lehrer noch erkannt haben, als ich 2006 ans Athe zurückkam - ich hatte ja 1986 hier Abi gemacht. Ich muss aber zugeben, dass ich ein- zweimal zum Direktor gerufen wurde, da hatten wir dann doch Mist gebaut…

Was waren Ihre Lieblingsfächer?
Mathe und Englisch.

Wer waren Ihre wichtigsten Unterstützer?

Als ich meine Firma verkauft und damit meinen Job in der Wirtschaft aufgegeben habe, hat mich der damalige Schulleiter, Herr Krusemark bei meiner Entscheidung und bei meinem Werdegang zur Lehrerin und Öffentlichkeitsbeauftragen sehr unterstützt. Herr Horn hat mich dann auf dem Weg in die erweiterte Schulleitung zur Koordinatorin begleitet und war für alle Fragen immer da.

Ihr Weg zum Lehrer war nicht eben gradlinig…?

Als ich 1986 am Athe Abi gemacht hab, ging es mir nicht anders als den jetzigen AbiturientInnen. Ich kann die Unsicherheit sehr nachfühlen. Mit dem Lehrerjob habe ich geliebäugelt – aber eher, weil ich gar nicht wusste, was ich wirklich will. Damals gab es viel zu viele Lehrer, daher bin ich davon abgekommen. Dann habe ich Informatik studieren wollen – der absolute Boom damals. Letztlich ist es dann Mathematik geworden. Ich war lange selbständig im EDV-Bereich, hab für e.on, Dow und Airbus gearbeitet. Und ich hatte eine der ersten Kindercomputerschulen. Als ich dann in der Grundschule Computerkurse gegeben und bei den Wirtschafsjunioren das Management Information Game für die 11-Klässler organisiert hab, wurde mir bewusst, dass ich den Kontakt zu Schülern und jungen Erwachsenen doch sehr vermisse. Herr Krusemark und Herr Offermann haben dann so lange “gebaggert”, bis ich meine Firmenanteile verkauft und einen neuen Geschäftsführer gefunden hab und dann 2006 in den Schuldienst eingestiegen bin.

Was sind Ihre Aufgaben als Oberstufenkoordinatorin?
Oh, die sind ganz schön vielfältig. Herr Riekmann und ich begleiten die Schülerinnen und Schüler ab Klasse 10 bis zum Abitur (manchmal sogar noch ein bisschen länger…) Das heißt, wir sprechen mit KollegInnen, mit SchülerInnen, mit Eltern. Mir gehen viele Schicksale sehr nah, vor allem, weil wir immer versucht sind, die optimale Schulform bzw. die beste Unterstützung für die einzelnen SchülerInnen zu finden. Dazu kommt dann EDV-technisch die Abwicklung der Wahlen, der Noten, der Zeugnisse, der Prüfungen usw. Das große Paket „Abitur“ verlangt viel Organisatorisches von uns, da sind viele Stunden nötig, einen optimalen Plan zu erstellen, denn es gibt ja zum einen viele Vorgaben und zum anderen viele Beteiligte.
Dann gibt es noch den großen Bereich der Infoveranstaltungen. Dank Corona sind Herr Riekmann und ich ja unter die Videoersteller gegangen – wir versuchen da immer am Ball zu bleiben… Ich find meinen Job richtig toll, denn es ist kein Tag wie der andere, es gibt so viele Projekte und viele Gestaltungsmöglichkeiten. Auch das elektronische Kursheft gehört dazu, Sie als Schüler nutzen das ja auch gern. Die Veranstaltung „11 trifft 13“ habe ich mal eingeführt, ich glaub nach wie vor, dass der Austausch untereinander sehr wichtig ist. Das Schöne ist, dass unser Schulleiter uns da viele Freiheiten lässt und wir einen großen Gestaltungsspielraum
haben. Wenn die AbiturientInnen dann gehen – dann sind wir alle ziemlich traurig, weil es eine intensive Zeit war.

Warum haben Sie sich als Fach für Mathe entschieden?

Ich weiß gar nicht, wie ich das beschreiben soll…ich finde Mathe einfach klasse. Es ist so „logisch“…

Wie wichtig war/ist Ihnen Geld?

Ich bin ganz ehrlich, Geld ist mir wichtig. Ich bin nicht der Luxusmensch, aber ich brauche Sicherheit - die Sicherheit, meine Kinder im Studium finanziell unterstützen und z.B. auch einen gewissen Lebensstandard nach einem anstrengenden Job genießen zu können. Als Mitglied im Lions-Club Stade Aurora von Königsmarck bin ich aber auch sehr gern bereit, andere finanziell zu unterstützen und dort Projekte und Spenden zu generieren.

Was erwarten Sie von Ihren Kollegen?

Ein solidarisches und zuverlässiges Miteinander und dass jeder sich selbst ein wenig zurücknimmt, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Und ganz wichtig: Ehrlichkeit und Offenheit.

Was wollen Sie den neuen Fünftklässlern auf den Weg geben?

Zuversicht und Sicherheit - wir haben so junge Menschen an die Schule bekommen, die vorher noch nie in der großen Schule waren, die zwei Schuljahre unter coronabedingten Umständen unterrichtet wurden, ich denke, die brauchen ihre Zeit, um sicher hier anzukommen.

Was sind Ihre größten Stärken?
KollegInnen sagen mir nach, ich könne super organisieren und sehr emphatisch Gespräche führen. Wenn das stimmt, freu ich mich sehr, denn genau diese Dinge mach ich am allerliebsten.

Und Ihre größten Schwächen?

Ungeduld. Und ich kann schwer etwas loslassen, von dem ich meine, dass es doch genau so und nicht anders laufen muss. Und obwohl ich tagtäglich so viele Entscheidungen treffen muss, bin ich ein sehr unentschlossener Mensch, Koffer packen ist ein Graus für mich!

Wann haben Sie zuletzt einen Fehler gemacht?
Eben gerade. Und genau deshalb muss ich mich gleich bei jemandem entschuldigen.

Haben Sie ein Vorbild? Wenn ja, wen?
Meine beiden Töchter!

Wie viele Stunden schlafen Sie pro Nacht?

Fünf bis sechs.

Wie gehen Sie mit Stress um?
Ich bin ein Arbeitstier, kann eine ganze Menge wegstecken. Aber in stressigen Zeiten heule ich auch mal eine Runde oder ich mach Yoga oder ich esse ein dickes Eis.

Wie würden Sie Ihren Unterrichtsstil beschreiben?
Haha, da fragen Sie mal lieber meine SchülerInnen! Mir ist es wichtig, dass es einen roten Faden gibt und dass die SchülerInnen immer wissen, warum sie etwas lernen und wo es Anwendung findet. Daher versuche ich, das Mathewerkzeug zu erläutern, ganz viele Fragen zuzulassen und dann die SchülerInnen an einem Anwendungsproblem das Gelernte erproben zu lassen. Das gelingt nicht bei allen Mathethemen, aber ich versuche, das durchzuhalten.

Wie viel Zeit verbringen Sie an Ihrem Schreibtisch?
Ganz viel! Da ich auch die Homepage gestalte, bleibt die Arbeit am PC nicht aus.

Wäre der Posten der Schulleiterin irgendwann etwas für Sie?

Ja, durchaus, auch dazu hätte ich Lust. Allerdings müsste ich dann das Athe verlassen – und der Preis ist zu hoch!

Wenn Sie anderen Menschen nur einen Rat für ihren beruflichen Werdegang geben würden, welcher wäre das?
So lange suchen und ausprobieren, bis man seine Erfüllung gefunden hat und Kontakt zu seiner inneren Stimme behalten. Sie haben nach dem Abi oft so eine Unsicherheit, die sich aber durch das, was in den nächsten Jahren alles so passiert, verlieren wird.

Gibt es etwas, das Sie schon immer mal loswerden wollten…?
Wenn ich was loswerden will, sag ich es (leider) meist sofort…


Abschließend noch ein „Quickfire“: Das denkt Frau Trusheim über…
…den jetzigen Abiturjahrgang?

Hut ab vor ganz tollen Leuten – Sie werden das gut hinkriegen!
…Handynutzung in der Schule?
Zwiegespalten – ich möchte, dass Sie alle miteinander persönlich kommunizieren und sich nicht in Videos und Oberflächlichem verlieren, daher sollte das Handy keine Rolle spielen. Andererseits sollen Sie einen sinnvollen Umgang damit lernen, da ist es nicht leicht, eine Regelung zu finden.
…das aktuelle Kollegium?
Wir sind ein tolles Kollegium mit vielen engen Freundschaften. Es gibt überall Interesse, Trost, Hilfe und vor allem ganz viel Spaß!
…den neue Digitalpakt der Bundesregierung?
Auf dem Papier sinnvoll – in der Umsetzung wieder Mal nicht zu Ende gedacht. Leider.
…Respekt, Gleichberechtigung und Mobbing im Schulleben?
Respekt und Gleichberechtigung ein absolutes MUSS, Mobbing ein NO GO!
…Ihre Arbeit als Oberstufenkoordinatorin?
Ein toller Job!
…Ihre größte Sorge am Athenaeum?

Dass es „uncool“ wird, sich zu engagieren.
…den schönsten Augenblick eines Arbeitstages?
Wenn ein Schüler oder eine Schülerin beim Klingeln sagt: „Mathe geht immer so schnell vorbei“.
…die Jugendreporter?
Großartig! Ihr Engagement ist wirklich toll und macht die Homepage so lesenswert. Danke auch an Herrn Mathews, der unermüdlich immer alle zusammenhält.

Wir bedanken uns an dieser Stelle sowohl für das Lob als auch für Ihre Antworten. Hoffentlich bleiben Sie unserer Schule noch lange erhalten!

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